Der Augenblick
- Maria Schuppler
- 17. Nov. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Nov. 2024
In der heutigen Zeit ist "der Augenblick", das "Hier und Jetzt", fast in aller Munde und überstrapaziert. Jeder Gestreßte versucht, sich ins "Hier und Jetzt" zu retten, in diesem zu leben, nicht ans Nächste oder Vorherige zu denken.
Zeit also, sich mit diesem Begriff einmal näher zu befassen.
Be - greifen, was mit dem Wort "Augen - blick" eigentlich verbunden sein könnte und welche Bedeutung es wirklich hat.
Viele Floskeln beinhalten den Augenblick, angefangen von "Augenblick mal", über "es geht nur einen Augenblick", "hast du /haben Sie einen Augenblick", "Warte einen Augenblick", bis zur Warteschleife beim Telefonieren "einen Augenblick, wir sind gleich für Sie da"....
Euch fällt bestimmt noch Vieles dazu ein.
In diesen Fällen aber ist "der Augenblick" vom unguten Wissen begleitet, daß Wartezeiten folgen werden, daß sich alles in die Länge zieht, oder von der Angst, vergessen, übergangen zu werden.
Ich möchte den Begriff "Augenblick" einmal außerhalb des Alltäglichen betrachten, ohne wissenschaftlichen Anspruch, vom Wort an sich. Außerdem möchte ich die Frage beantworten, was das denn nun mit Haiku zu tun hat.
Das Auge - ein Organ unseres Körpers, das Reize von außen aufnimmt und in einer Abbildung ans Gehirn weiterleitet, in Bruchteilen von Sekunden, kombiniert mit dem Blick, der das Abgebildete einordnet und bewertet. Der "Augen-Blick" also ist eine Gesamthandlung unseres Körpers, die ohne unser Zutun, unterhalb der Schwelle unseres Bewußtseins abläuft und der uns befähigt (mit vielem anderen natürlich), uns in der Welt, unserer Umgebung und unserem Leben zu orientieren.
Der "Augen-Blick" ist auch innerhalb unseres Zeitempfindens kaum wahrnehmbar, eine der kleinsten Einheiten, die innerhalb des Körpers nahezu gleichzeitig geschehen. Kommt von hier vielleicht die Vorstellung, wir rennen immer hinter der Zeit her?
Überlegenswert, vielleicht.
Gibt es Möglichkeiten, diesem "Augen-Blick" wenigstens annäherungsweise zu begegnen?
Im Yoga und anderen östlichen Körper- und Meditationstechniken ist das Beobachten des Atems und das Üben von Atemtechniken von zentraler Bedeutung.
Ein kleines Beispiel:
der Atem besteht aus zwei Sequenzen, Ein und Aus. Aber- stimmt das ? Bemerken wir nicht hin und wieder: nach dem Einatmen folgt eine winzige Pause, nach dem Ausatmen manchmal eine längere,, bis der Ein-atem von selbst wieder beginnt. Es sind also eigentlich vier Sequenzen, die uns beim Atmen zur Verfügung gestellt werden.
Diese kleinen Pausen zwischen dem aktiven Atmen sind es, die mich interessieren und die mich zur Vorstellung des "Augen-Blicks" führen.
Nach dem Ein-Atem eine kurze Schwebe, gefolgt vom Aus-Atem mit einem Gefühl des sich Setzens und des Loslassens....
Dies zu beobachten, wahrzunehmen, wirken zu lassen, kann ähnliche Gefühle hervorrufen wie ein Sonnenuntergang oder die grandiose Szenerie der Berge vom Gipfel aus betrachtet.
Das ist der Moment, an dem Haiku beginnen zu entstehen.... Dort nämlich, in der Mitte eines Augenblicks.
zwischen vergehen
und werden schwebend - geschenkter
augenblick

Was denkt ihr?
Könnt ihr das nachvollziehen oder seht ihr das Thema aus einer ganz anderen Warte?
Lasst es mich wissen, schreibt es. Oder schreibt, welche Themen für euch wesentlich interessanter sind!
Habt eine gute, intensive Zeit!
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