Kobayashi Issa
- Maria Schuppler
- 18. Jan.
- 3 Min. Lesezeit
Kobayashi Issa ist einer der bedeutendsten Haiku-Dichter Japans. Witzige Haikus und das Tagebuch "Die letzten Tage meines Vaters" faszinieren mich. Dies ist der Grund, mir sein Leben, geprägt von Armut, Wanderschaft, Unglücken verschiedenster Art, genauer anzusehen. Und ihn euch kurz vorzustellen, damit ihr euch eine weitere Inspirationsquelle erschließen könnt....
1763 als ältester Sohn eines Bauern geboren, verliert er schon früh seine Mutter und wächst zunächst bei seiner Großmutter mütterlicherseits auf. Der Vater heiratet nach kurzer Zeit wieder, allerdings kann der junge Issa (Ursprungsname Yataro) kein Auskommen mit der Stiefmutter finden. Vor allem, nachdem sein Stiefbruder zur Welt gekommen war, der 10 Jahre jünger ist als er. Da der Unfrieden im Elternhaus immer weiter zunimmt und auch die geliebte Großmutter verstirbt, geht er auf Anraten des Vaters mit 15 Jahren nach Edo. Dort versucht er, sich weiterzubilden und nimmt dafür auch die niedrigsten Dienste an, um sich einigermaßen über Wasser halten zu können. Er beschäftigt sich nun intensiv mit Haikai-Dichtung, schließt sich in Edo einer Dichterschule an und unterschreibt in seinem 25. Lebensjahr das erste Mal seine Gedichte mit dem ersten Dichternamen Ikyo. . Nachdem sein Lehrer (Chikua) gestorben war, tritt er mit 28 Jahren dessen Erbe an und gibt sich den Namen Issa, was bedeutet: "ein (Schluck) Tee".
Im Jahr darauf verläßt er Edo und beginnt lange Wanderungen. Eine davon führt ihn nach 14 Jahren auch zum ersten mal wieder in seine Heimat. Dazu macht er auf Wunsch seines Vaters eine Pilgerfahrt nach Westjapan, und darauf folgen viele Wanderungen kreuz und quer durch Japan, bei denen er regen Kontakt zu anderen Dichtern pflegt.
In seinem 39. Lebensjahr kehrt er wieder in seine Heimat zurück und pflegt dort seinen an Typhus erkrankten Vater bis zu seinem Tod. Da wegen des Erbes weiter Streit herrscht, geht er wieder auf Wanderschaft, bis nach 13 Jahren diese Angelegenheit endgültig geklärt ist. Mit 51 Jahren besitzt er nun Haus und Land. Allerdings sind ihm nur noch wenige Jahre vergönnt, in denen er 3x heiratet und Kinder bekommt, die aber teilweise recht schnell sterben. Außerdem nehmen die Zeiten mit Krankheit zu, zunächst ein Geschwür(?), 2 Schlaganfälle/Lähmungen folgen. Alle drei Kinder aus erster Ehe versterben, schließlich auch seine erste Frau, damals war er 61 Jahre. Er heiratet ein Jahr später, diese zweite Frau verläßt ihn aber nach 3 Monaten. Danach heiratet er noch einmal, kurz vor seinem Tod. Dieser ereilte ihn nach einem Brand in seinem Heimatdorf, bei dem er noch einmal fast alles verlor. Seine dritte Frau war zu diesem Zeitpunkt schwanger. Die im darauffolgenden Frühjahr geborene Tochter war der Ursprung für all seine Nachkommen.
Sein Werk:
Die letzte Tage meines Vaters (Tagebuch)
Der Frühling meines Lebens (Haikusammlung)
Mehrere weitere Bände mit Haiku
Deutsche Übersetzungen:
Die letzten Tage meines Vaters ( erschienen in der Handbibliothek Dieterich, 2020),
Mein Frühling (Gedichtanthologie bei Manesse erschienen, nur noch antiquarisch oder gebraucht lieferbar)
Armut - Krankheit - Unglück - all dies hat Issa in Haiku und Tagebüchern, Haibun und Skizzen in Sprache übersetzt, in eine Sprache des Herzens, zum Herzen, ganz nah am einfachen Leben, zärtlich, berührend, schockierend, schonungslos und manchmal brutal, aber auch gleichzeitig im Betrachten von Außen witzig, mit ungewöhnlichen Pointen und Einsichten versehen.
Hier einige Beispiele:
Daran besteht kein Zweifel,
der Bergkuckuck
ist eine Heulsuse
(Übersetzung Robert Hass)
Vom Rand des Tabletts
lackspiegelglatt - rutscht
die Fliege ab!
Wunderschön ist sie
durch das Loch der Schiebetür gesehen:
die Milchstraße
Armes Stiefkind:
statt die Abendkühle zu genießen,
muß es Stroh klopfen
junge Spatzen
macht Platz
Herr Pferd kommt vorbei
Und hier noch ein kleiner Ausschnitt aus seinem Tagebuch "Die letzten Tage meines Vaters":
" 5. Tag des 5. Monats
Die Medizin wirkte günstig, daher nahm ich mir vor, sie ihm so oft wie möglich einzugeben. Beim Anfächeln des Holzkohlenfeuers schaute ich aufmerksam hinüber, wie er behaglich hingestreckt schlief. Seiner Gesichtsfarbe nach zu urteilen, schien es ihm gut zu gehen und mit seinem Puls war ich - Schlag um Schlag - zufrieden. Ich jubelte innerlich vor Glück! Jetzt würde er, mit einer Wahrscheinlichkeit von neun zu zehn, bald wiederhergestellt sein. - Nachträglich gesehen, waren es nur meine voreingenommenen Augen, die sich wünschten, daß er bald genesen möge..."
(aus "Die letzten Tage meines Vaters", von Kobayashi Issa, Dieterichsche Handbibliothek, 2020, S. 59)
Quellen:
Die letzten Tage meines Vaters ( erschienen in der Handbibliothek Dieterich, 2020),
Schreiben wie Issa, ein Haiku-Ratgeber von David G. Lanoue, 2017 BoD, Norderstedt
Mir gefällt dieses Bild als Symbol für Issa. Darum hier meine Hommage an ihn:

wurzeln am himmel
die nebelschleier schmecken
nach gestern
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